80. Geburtstag von Konsistorialrat Josef Engelbert Tomaschek

 

Der nun 80jŠhrige Priester J. E. Tomaschek hat mich gebeten, bei diesem Dankgottesdienst die Festpredigt zu halten.

Ich habe mich gefragt, warum gerade ich fŸr diese ehrenvolle Aufgabe ausersehen wurde. Darf ich einleitend die von mir vermuteten GrŸnde anfŸhren, damit man dann besser verstehen kann, was ich in der Predigt – nicht im Sinn einer Laudatio auf den Jubilar, sondern im Sinn einer dankbaren, zugleich aber auch reumŸtigen Besinnung – sagen mšchte:

1.    Der Jubilar hat mich wohl deshalb fŸr diese Aufgabe ausersehen, weil ich – genau wie er, nur jeweils ein halbes Jahr spŠter – die gleichen JubilŠen als Mensch und Priester feiere: wir beide wurden im letzten Friedensjahr vor dem I. Weltkrieg 1913 geboren; wir haben uns beide im šsterreichischen Schicksalsjahr 1938 dem Herrn Jesus Christus und seiner auf en Felsen Petri gebauten Kirche in der hl. Priesterweihe zur VerfŸgung gestellt, und wir haben beide in Dankbarkeit fŸr die Berufung trotz der vielen Schwierigkeiten, die gegen den Beruf sprachen, in Treue durchgehalten.

2.    Ein weiterer Grund, warum mich der Jubilar vermutlich als Prediger bei diesem Dankgottesdienst vorgesehen hat, kšnnte folgender sein: Im Zusammenhang mit seiner Zugehšrigkeit zur Marianischen Studentenkongregation und im Zusammenhang mit seinem in Wien begonnenen Welthandelsstudium lernte der Jubilar meinen Priesterbruder Josef und durch ihn meine kinderreiche, dreifach mit dem Priesterberuf ausgezeichnete Familie kennen und war darin mehrere Sommer immer herzlich aufgenommener Feriengast.

Vielleicht wurde in dieser AtmosphŠre beim Jubilar die Erkenntnis geweckt oder verstŠrkt, das es etwas Schšnes um den Priesterberuf sein muss. Der Jubilar gab tatsŠchlich das Welthandelsstudium in Wien auf und begann in Salzburg das Theologiestudium. Er wurde am 17. Juli 1938 zum Priester geweiht und wirkte dann – unter Meisterung vieler Schwierigkeiten und trotz mancher EnttŠuschungen segensreich in verschiedenen Stellungen: als Kaplan in Bischofshofen und Lend; als MilitŠrpfarrer an der Eismeerfront, in Nordafrika und im Kriegsgefangenenlager in Nordamerika wŠhrend des II. Weltkriegs; und nach diesem als  Domprediger in Salzburg, schlie§lich als Pfarrer in Lend und zuletzt 22 Jahre  an der neugeschaffenen Stadtpfarre St. Erentrudis Herrnau.

Den Dank fŸr dein eifriges Wirken, lieber Jubilar, hat dir mehrfach die Kirchliche Behšrde und der jeweilige Oberhirte ausgesprochen, sicher tut es einmal in viel wirksamerer Weise unser Herr Jesus Christus, der Ewige Hohepriester, dem du oft mit bewundernswertem dynamischem Elan, mit gro§em Kunstsinn und Eifer bei der AusschmŸckung des neuen Gotteshauses und bei der Verlebendigung der neuen Stadtpfarre Herrnau so viele Jahre, auch bei angeschlagener Gesundheit treu und opferbereit gedient hast.

 

Nach dieser langen Einleitung mšchte ich nun zum Wort Gottes greifen und zwar konkret  zum Psalm 90, um dem Jubilar und mir selber und vielen unter uns ins Gewissen zu reden. Wir verkŸrzen diesen Psalm allzu oft sehr bis auf seinen 10. Vers, wo es hei§t: ãUnser Leben wŠhrt 70 Jahre: Und wenn es hoch kommt, sind es achtzig. Das Beste daran ist nur MŸhsal und Beschwer; rasch geht unser Leben vorbei, wir fliegen nur so dahin.Ò

Uns blo§ daran zu erinnern, dass mit dem erreichten 80. Lebensjahr MŸhsal und Beschwer verbunden sind, wŠre bei einem solchen Dankgottesdienst zu wenig. Dazu brauchen wir das Wort Gottes nicht bemŸhen, denn wir spŸren und erleben es ohnedies jeden Tag, wie mŸhsam und beschwerlich alles geworden ist im Gegensatz zum frŸheren Schwung und zum dynamischen Elan, womit wir in unseren besten Lebensjahren an die  Arbeit gegangen sind, der Jubilar ganz besonders.

Der 90. Psalm mšchte uns bei diesem Gottesdienst viel mehr sagen, wir mŸssen ihn nur richtig Ÿberdenken.

Da hei§t es gleich im 1. einleitenden Vers dieses 90. Psalms: ãEin Gebet des Mose, des Mannes GottesÒ.

Hier wird also dem Mose, dem machtvollen AnfŸhrer des auserwŠhlten Volkes aus der Knechtschaft €gyptens in die Freiheit des gelobten Landes, die Urheberschaft an diesem Psalm zugeschrieben: Er hat diesen Psalm gedichtet in einer sehr schwierigen, kritischen Zeit, damals nŠmlich als das auserwŠhlte Volk aufrŸhrerisch seinem gšttlichen Bundesherrn untreu geworden und dafŸr von Gott zum Untergang verurteilt worden war. Mose sprang damals in stellvertretender SŸhne und in beharrlicher FŸrsprache in die Bresche und betete: ãHerr, du warst doch unsere Zuflucht von Geschlecht zu Geschlecht. Ehe die Berge geboren wurden, die Erde entstand und das Weltall, bist du, o Gott, von Ewigkeit zu Ewigkeit – Wir aber vergehen durch deinen Zorn und werden vernichtet durch deinen Grimm: du hast unsere SŸnden vor dich hingestellt, unsere geheime Schuld in das Licht deines Angesichtes. Herr, wende dich uns doch wieder zu und habÔ Mitleid mit deinem Knecht!Ò

Mose, der Mann Gottes, mit den beiden Gesetzestafeln der 10 Gebote Gottes in den HŠnden, zŸrnend, weil total frustriert durch den Tanz des Volkes um das goldene Kalb; er ist fŸr mich heute die tragische Symbolfigur jener katholischen Priester, die wie unser Jubilar zu wirken hatten in der Zeit des Nationalsozialismus, in der Zeit des II. Weltkriegs, in der Zeit des Zusammenbruchs und des mŸhsamen Wiederaufbaus und in der Zeit des Wohlstands, der immer stŠrker verbunden war und ist mit religišs-sittlichem Niedergang.

ãMann GottesÒ muss der Priester sein wie Mose, um Gottes Gebote und seine Offenbarungswahrheit zu verkŸnden und einzuschŠrfen, ob gelegen oder ungelegen. Das ist – wie bei Mose – auch die Aufgabe des katholischen Priesters gewesen in den zurŸckliegenden Jahrzehnten.

Wurden wir nicht auch wie Mose oft frustriert durch den Misserfolg unserer pastoralen Arbeit? Und war es nicht trotz allem immer wieder unsere Aufgabe, fŸr die gottvergessenen Menschen durch unser FŸrbittgebet und unsere stellvertretende SŸhne vor Gott in die Bresche zu springen?

Hab Dank, lieber Jubilar, dass du dich nie entmutigen lie§est in den dir als Priester gestellten Aufgaben! Du hast durchgehalten an der Eismeerfront genauso wie an der nordafrikanischen Front, ebenso im nordamerikanischen Gefangengenlager und dann wieder an der oft frustrierenden Front des Reiches Gottes in der Heimat.

Mose stellte im Psalm 90, sich selber zum Trost, ganz stark die Ewigkeit Gottes der menschlichen Kurzlebigkeit und VergŠnglichkeit gegenŸber. Er tat es in einer Art, die sich am kŸrzesten und eindrucksvollsten wiedergeben lŠsst in den bekannten Worten der gro§en Kirchenlehrerin Teresa von Avila:

ãNichts soll dich Šngstigen, nichts dich erschrecken: alles vergeht, Gott allein bleibt. Geduld erreicht alles. Wer Gott nicht loslŠsst, kennt kein Entbehren. Gott allein genŸgt.Ò

Dann wollen wir mit Mose im 12. Vers des Psalms 90 noch beten: ãUnsere Tage zu zŠhlen lehre uns, dann gewinnen wir ein weises Herz!Ò

Und abschlie§end fŸgen wir – fŸr einander zu Gott betend – den 13. und 14. Vers des 90. Psalms hinzu:

ãHerr, wende dich uns zu und hab Mitleid mit deinen Knechten! SŠttige uns am Morgen mit deiner Huld! Dann wollen wir jubeln und uns freuen all unsere weiteren Lebenstage!Ò

 

 

Psalm 90


ãEin Gebet des Mose, des Mannes Gottes

 

Herr, Du warst unsere Zuflucht von Geschlecht zu Geschlecht.

Ehe die Berge geboren wurden, die Erde entstand und das Weltall, bist du, o Gott, von Ewigkeit zu Ewigkeit.

Du lŠsst die Menschen zurŸckkehren zum Staub und sprichst: ãKommt wieder, ihr Menschenkinder!

Denn 1000 Jahre sind fŸr dich wie der Tag, der gestern vergangen ist, wie eine Wache in der Nacht.

Von Jahr zu Jahr sŠst du die Menschen aus; sie gleichen dem sprossenden Gras. Am Morgen grŸnt es und blŸht, am Abend wird es geschnitten und welkt.

Denn wir vergehen durch deinen Zorn, werden vernichtet durch deinen  Grimm. Du hast unsere SŸnden vor dich hingestellt, unsere geheime Schuld in das Licht deines Angesichts.

Denn all unsere Tage gehen hin unter deinem Zorn, wir beenden unsere Jahre wie einen Seufzer.

Unser Leben wŠhrt 70 Jahre, und wenn es hoch  kommt, sind es 80. Das Beste daran ist nur MŸhsal und Beschwer, rasch geht es vorbei, wir fliegen dahin.

Wer kennt die Gewalt deines Zornes und fŸrchtet sich vor deinem Grimm? Unsere Tage zu zŠhlen lehre uns! Dann gewinnen wir ein weises Herz.

Herr, wende dich uns doch endlich zu! Hab Mitleid mit deinen Knechten! SŠttige uns am Morgen mit deiner Huld! Dann wollen wir jubeln und uns freuen all unsere Tage.

Erfreue uns so viele Tage, wie du uns gebeugt hast, so viele Jahre, wie wir UnglŸck erlitten.

Zeige deinen Knechten deine Taten und ihren Kindern deine erhabene Macht!

Es komme Ÿber uns die GŸte des Herrn, unseres Gottes, lass das Werk unserer HŠnde gedeihen, ja lass gedeihen das Werk unserer HŠnde!Ò